Teil I: Wenn die Supply-Chain-Performance-Indikatoren den falschen Weg weisen

Was alle unsere CAMELOT-Kunden gemeinsam haben, ist das generelle Unternehmensziel, den Return on Investment (ROI) zu steigern. Sie streben danach, Lagerbestände zu reduzieren und Kosten zu senken, während gleichzeitig der Kundenservice verbessert werden soll.

Um die Unternehmensstrategie zu unterstützen, werden die Ziele gewöhnlich auf die einzelnen Fachabteilungen heruntergebrochen. Eine weit verbreitete Ansicht in allen Branchen lautet, dass eine Verbesserung der operativen Effizienz durch eine Kostensenkung erreicht wird. Da niemand die Beziehung zwischen Stückkosten und ROI in Frage stellt, werden Entscheidungen  innerhalb jeder Abteilung auf Kostenbasis getroffen. Die sich daraus ergebende Silo-Optimierung gefährdet die Gesamtleistung des Unternehmens aufgrund irreführender und widersprüchlicher Metriken. Dieser Effekt ist in Abbildung 1 ersichtlich, die die drei typischen Metriken der Abteilungen Produktion, SCM und Verkauf darstellt.

Abbildung 1: Typische widersprüchliche Metriken

Die folgenden Beispiele für widersprüchliche Metriken und irreführende Entscheidungsfindungsprozesse machen diesen Widerspruch greifbar.

1. Das OEE-Problem

Die Gesamtanlageneffektivität (Overall Equipment Effectiveness – OEE) stellt die operative Effizienz einer Ressource dar, indem Verluste aus Verfügbarkeit (Stillstandszeit), Leistung (Geschwindigkeit) und Qualität (Mängel) in Betracht gezogen werden. Die Fertigungsabteilung wird oftmals an der erreichten OEE gemessen und versucht daher, eine möglichst hohe Produktionsrate zu erreichen. Das häufig unterschätzte Problem ist, dass es sich nicht auszahlt, eine hohe OEE zu erreichen, wenn Einheiten produziert werden, die nicht von dem Kunden gefordert werden. Zu viel des Falschen und zu wenig des Richtigen zu haben, ist ein Problem, das die meisten verantwortlichen Planer sehr gut kennen.

2. Das Problem mit dem Bestand

Das häufigste widersprüchliche Supply-Chain-Ziel ist der Abbau von Beständen bei Sicherstellung einer hohen Lieferfähigkeit und OEE-Optimierung. Bestandsmanager werden oftmals an Beständen, sprich Lagerhaltungskosten, gemessen. Ganz offensichtlich ist deren Ziel dem Ziel der Produktionssteigerung entgegengesetzt. Das Ziel des Lagerabbaus ist daher das direkte Gegenteil der OEE-Verbesserung.

3. Das Problem mit dem Service-Level

Für die Marketing- und Vertriebsabteilungen sind entgangene Umsätze und unglückliche Kunden das Worst-Case-Szenario. Da sie oftmals an Umsatzvolumen, Marktanteil und Kundenzufriedenheit gemessen werden, ist die Verfügbarkeit und Qualität der Produkte das vorrangige Ziel. Selbstverständlich sind hohe Output-Raten und daher eine hohe OEE sowie große Lagerbestände sehr willkommen. Folglich führt eine eingeschränkte Produktverfügbarkeit aufgrund von Bestandszielen zu intensiven Diskussionen und Frustration zwischen Vertrieb und SCM. Darüber hinaus wollen Marketing und Vertrieb innerhalb ihres Produktportfolios flexibel sein, vor allem in Bezug auf Exoten, was zu einem Bedarf an kleinen Losgrößen führt. Dies wiederum steht den Zielen der Produktion entgegen.

Ziele wie die „ROI-Maximierung“ sind nicht für tägliche operative Entscheidungen geeignet!

Die meisten Unternehmen erkennen nicht, dass die Informationen, die im strategischen, taktischen und operativen Planungsbereich genutzt werden, sehr unterschiedlich sind. Prognosen sind zum Beispiel langfristig von Bedeutung, nicht allerdings kurzfristig, und das Einbeziehen von Fixkosten ist nicht maßgeblich für kurzfristige Entscheidungen. Klassische Leistungs-Indikatoren wie Stückpreis, Stückkosten etc. sind nicht für Entscheidungen in kürzeren Zeiträumen geeignet. Diese könnten in langfristigen Kontexten gerechtfertigt sein – z.B. wenn Portfolioentscheidungen diskutiert werden.

Es ist allerdings gängige Praxis, im betrieblichen Alltag alle Aspekte zu berücksichtigen, die eine strategische Entscheidung bedingt haben (z.B. Investition in eine neue Maschine). Mit Blick auf die Strategie scheint es einfach nicht richtig, die Abschreibung für eine brandneue Maschine nicht in die Berechnungen einzubeziehen – aber die Wahrheit ist: Es ist unmöglich, eine strategische Entscheidung auf operativer Ebene zu „verbessern“. Der Wert der OEE-Verbesserung einer Maschine liegt in den zusätzlichen (zahlungswirksamen) Einnahmen, die dadurch generiert werden, und nicht darin, dass die Abschreibung (die bereits eine konstante und non-cash „Ausgabe“ darstellt) rechnerisch über eine größere Produktmenge verteilt wird.

Intelligente Metriken sind gefragt

Kurz gesagt: Konventionelle Metriken fokussieren nicht auf relevante Informationen, führen zu Konflikten und verursachen selbstverschuldete Unterbrechungen der Supply Chain. Sie setzen vor allem auf eine Optimierung der Stückkosten und die Darstellung von isolierten Zielen, lassen dabei aber relevante Faktoren für eine gesamthafte Optimierung der Supply Chain außer Acht. Die Komplexität der heutigen Supply Chains verbietet diese lokalen Optimierungsmaßnahmen und -metriken, vor allem, wenn diese kostenbasiert sind und das Erreichen eines globalen Optimums behindern. Es ist daher unumgänglich, konventionelle Metriken in „intelligentere“ Metriken umzuwandeln.

Wie intelligentere Metriken uns in Bezug auf das Performance-Management in die richtige Richtung führen können, beschreibe ich in meinem nächsten Blogbeitrag. Um die Wartezeit zu verkürzen, empfehle ich Ihnen diesen Beitrag über das Demand-Driven Adaptive Enterprise zu lesen. Das Konzept des Demand-Driven Adaptive Enterprise ist eine neue umfassende MRP-Methodik, die auf das Flow-Prinzip setzt und Ihre Supply Chain auf ein neues Level heben kann.

Weitere Artikel zu dieser Blog-Serie:

Teil II:  Die richtige Richtung für das Performance Management – Flow Metrics

Teil III: Messung der Supply Chain Performance mit Flow Metrics

Teil IV: Umsetzung von Flow Metrics – die Flow-Metrics-Bausteine

Teil V: Wie klettert man höher auf der Reifeleiter der Flow Metrics?

 

 

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