Szenarioplanung sorgt für weniger Unsicherheiten bei der Planung. Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie Sie die Szenarioplanung im S&OP einsetzen können, ohne dass dies zu viel Komplexität zur Folge hat. Der Artikel ist Teil einer Blog-Reihe zum Thema S&OP/IBP. Erfahren Sie mehr darüber, warum S&OP und IBP noch immer notwendig sind und wie Sie S&OP-Prozesse gestalten.
Wir alle treffen Entscheidungen am liebsten unter sicheren Bedingungen. Dies ist jedoch in Lieferketten kaum möglich. Gerade in unsicheren Zeiten wie diesen sind wir Tag für Tag gezwungen, Entscheidungen anhand von Annahmen zu treffen. Angebots- und Bedarfsunsicherheiten sind durch geordnete Szenarien nur schwer vorherzusagen. Oft gibt es auf die Unsicherheit nur eine Antwort: eine generelle Erhöhung der Sicherheitsbestände, die die Variabilität sowohl auf der Bedarfs- als auch auf der Angebotsseite abdecken soll. Um dem allgemeinen Ruf nach einer gemeinsamen Betrachtung von Bedarfs- und Angebotsszenarien nachzukommen, empfehlen wir einen pragmatischen Ansatz, ohne dabei die Komplexität ins Unermessliche wachsen zu lassen.
Aus Angst vor zu viel Komplexität arbeiten die meisten Unternehmen unseren Erfahrungen nach mit nur einem Prognosefall für S&OP. Dabei werden konkurrierende Produkte oft doppelt erfasst und neue Produkte nicht berücksichtigt, was zu operativen Problemen wie zum Beispiel einer falschen Zuteilung von Kapazitäten im Liefernetzwerk und Fehlern bei der Erfüllung der Marktanforderungen führen kann. Durch eine pragmatische Betrachtung von Szenarien im Rahmen des Planungsprozesses lassen sich verschiedene Vorteile erzielen, wie zum Beispiel funktionsübergreifende Transparenz in Sachen Bedarf, ein geringeres Ausschussrisiko, die Verhinderung von Auftragsrückständen und weniger Umsatzeinbußen. Wie können Sie von diesen Vorteilen profitieren? Der folgende Kreislauf für S&OP-Szenarien veranschaulicht die verschiedenen Phasen.
1. Bedarfsszenarien entwickeln
Für viele Produkte und Märkte können unzählige Szenarien entwickelt werden, die alle möglichen Unsicherheiten und Details berücksichtigen. In der Regel ist dies allerdings erforderlich, um im S&OP-Prozess Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen. Unsere Projekterfahrung zeigt jedoch, dass viele Szenarien sich kaum voneinander unterscheiden, ihre Zahl kann deshalb erheblich reduziert werden. In einem gut definierten S&OP-Prozess müssen die Bedarfsplaner die entscheidenden Punkte herausarbeiten, in denen sich die verschiedenen Szenarien voneinander unterscheiden. Welche Meilensteine und Fristen gibt es für die Einführung eines neuen Produkts? Wie sieht der erwartete Produktlebenszyklus aus (Annahmekurve, erwarteter Spitzenumsatz usw.)? Wenn man die kritischen Entscheidungen berücksichtigt, kann die Zahl und die Komplexität der Bedarfsszenarien verringert werden. Dieser Schritt vereinfacht die nachfolgende Angebotsplanung sowie die S&OP-Prozesse. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die funktionsübergreifende Entwicklung von Bedarfsszenarien. Die Einholung von Input aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens (z. B. Für wichtige Marketingkampagnen oder Markteintrittsstrategien) und das Streben nach gemeinsamen Annahmen helfen dabei, die richtigen Nachfrageszenarien für die Angebotsplanung zu ermitteln.
2. Angebotsoptionen und Lieferkettenauswirkungen bewerten
In dieser zweiten Phase müssen Sie sich überlegen, wie Sie auf die unterschiedlichen Bedarfsszenarien reagieren. Zu diesem Zweck werden die vorgelegten Szenarien von den Angebotsplanern analysiert, die mögliche Angebotsoptionen entwickeln. Diese Angebotsoptionen werden mithilfe etablierter Methoden für die Angebotsplanung (z. B. Grobplanung der Kapazitäten [1]) erstellt. Dabei werden die Angebotsplaner mit Fragen konfrontiert wie zum Beispiel:
- Wie viel Kapazität ist verfügbar?
- Müssen andere Produkte zugeteilt werden?
- Welche Bestandsziele gibt es?
Durch diesen Schritt ergeben sich wahrscheinlich zwei bis drei Angebotsoptionen, die bei der sogenannten Lieferkettenfolgenabschätzung miteinander verglichen werden. Unterschiedliche Bedarfsszenarien werden dabei mit unterschiedlichen Angebotsoptionen kombiniert. Dieser Schritt liefert Antworten auf Fragen wie „was geschieht, wenn sich Bedarfsszenario 1 als zutreffend erweist und zuvor Angebotsoption B ausgewählt wurde?“ oder „inwiefern unterscheidet sich die Situation, falls Bedarfsszenario 2 eintritt?“ Dabei helfen vordefinierte KPIs, z. B. Gefahr der Zerstörung, Mindestabdeckung in Wochen, durchschnittliche Abdeckung in Wochen oder Kapitalkosten.. Da jedes Unternehmen ist anders ist, müssen möglicherweise andere KPIs berücksichtigt werden. Sobald alle KPIs zur Verfügung stehen, kann der Abgleich von Bedarf und Angebot im S&OP-Prozess vorbereitet werden und das Angebotsplanungsteam kann einen Vorschlag erstellen.
3. Nachfrage und Angebot in Einklang bringen
Der letzte Schritt besteht darin, in S&OP-Besprechungen Nachfrage und Angebot in Einklang zu bringen. Wenn alles gut vorbereitet ist, stellt dies auch der Schritt mit dem größten Mehrwert dar.. Wir empfehlen für diesen Tagesordnungspunkt stets ausreichend Zeit einzuplanen. Die Bedarfsplaner sollten die Bedarfsszenarien kurz und knapp visuell präsentieren, zum Beispiel mithilfe von standardisierten Vorlagen. Danach stellen die Angebotsplaner die Angebotsoptionen und die Ergebnisse der Lieferkettenfolgenabschätzung vor. Nun kann der Vorschlag besprochen werden, um sich für eine Angebotsoption zu entscheiden. Wichtig ist, dass die Teilnehmer der S&OP-Besprechungen dazu ermutigt werden, Entscheidungen zu treffen. Der S&OP-Koordinator sollte die Entscheidungen über die erforderlichen Maßnahmen dokumentieren, um deren Umsetzung sicherzustellen. Wir raten dazu, die Umsetzung im Rahmen späterer Besprechungen kurz zu überprüfen (z. B. unter Aktionspunkte), um auf sich verändernde Faktoren so schnell wie möglich reagieren zu können.
Unserer Projekterfahrung zufolge profitierten vor allem Länder und Märkte von mehr Transparenz in Bezug auf die Angebotssituation, so dass eine bessere Bedarfsplanung ermöglicht wurde (z. B. Timing von Kampagnen). Darüber hinaus wurde die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Funktionen deutlich verbessert. Dies trug sogar dazu bei, die Zahl der Notfallmaßnahmen und unnötigen Eskalationen an die Geschäftsleitung zum Zweck der Entscheidungsfindung zu reduzieren, weil die Planer die Entscheidungen selbst treffen konnten.
Überlegungen zum Erstellen eines S&OP-Szenarienzyklus
Der S&OP-Szenarienzyklus soll pragmatisch sein, ohne die Dinge zu sehr zu vereinfachen. Er beinhaltet Input von anderen Funktionen und führt die Szenarien nicht zu komplex aus. Dies entspricht dem Ansatz, dass Szenarien detailliert beschrieben werden, wenn es um Informationen geht, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Nachfrage auswirken, wie zum Beispiel geplante Marketingkampagnen. Es wird darauf verzichtet, zu viele Szenarien erstellt, zum Beispiel für jeden identifizierten Faktor. Es ist wichtig, dass der Schwerpunkt klar auf den entscheidenden Informationen liegt und nicht auf kleinsten Bedarfsabweichungen.
Bei der Implementierung raten wir dazu, den Prozess als eine Reise zu betrachten. Es muss nicht von Beginn an alles perfekt eingerichtet sein. Fangen Sie klein an und verbessern Sie sich kontinuierlich. Nach mehr Zyklen und mit mehr Erfahrung können Sie Standardtests festlegen und Mitarbeitende können lernen, was Entscheidungsträger wissen müssen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
[1] Versteckte Potenziale in der Produktionsplanung: Grobplanung – CAMELOT Blog (camelot-group.com)