Für die Wiederaufbereitung von Elektrofahrzeugbatterien müssen sich Unternehmen mit dem Aufbau einer effizienten rückführenden Lieferkette beschäftigen. Dieser Blogartikel fasst die strategischen Überlegungen zusammen, die beim Aufbau einer rückführenden Lieferkette anstehen.

Immer mehr Batterien aus batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEVs) erreichen das Ende ihres ersten Lebenszyklus. Damit rückt die Frage nach ihrer weiteren Verwendung in den Mittelpunkt. Derzeit werden hauptsächlich Recycling- und Zweitnutzungsoptionen umgesetzt. Betrachtet man die allgemeine Abfallhierarchie aus der Kreislaufwirtschaft, ist die Wiederaufbereitung vorteilhaft gegenüber dem Recycling – dazu mehr in unserem Blog-Artikel zum Batteriemanagement.

Um die Vorteile der Wiederaufbereitung zu nutzen, die wir bereits in unserem Artikel über die Wiederaufbereitung von Batterien erörtert haben, ist eine gut durchdachte rückführende Lieferkette unerlässlich. Einem Unternehmen, das die Wiederaufbereitung von Batterien auf der Agenda hat, empfehlen wir, möglichst schnell eine Strategie zu entwickeln, um gebrauchte Batterien in den Wiederaufbereitungs- und Nutzungszyklus zu integrieren. Denn: diese gebrauchten Batterien sind der notwendige Input für die Wiederaufbereitung. Die ersten Unternehmen, die in diesen Markt einsteigen, können sich einen Vorteil verschaffen, weil sie ihre Kooperationspartner frei wählen können. Das ist ein wichtiger Faktor, um das gemeinsame Management einer vorwärts- und rückwärtsgerichteten Lieferkette effizient zu gestalten.

Dieser Blog-Beitrag fasst diverse langfristige strategische Überlegungen zur Implementierung einer rückführenden Lieferkette für die Wiederaufbereitung von Elektrofahrzeugbatterien (EVBs) zusammen. Eine Voraussetzung für eine effiziente Wiederaufbereitung ist eine gut konzipierte rückführende Lieferkette. Die technischen Details für die Wiederaufbereitung von Batterien werden in diesem Artikel über die Wiederaufbereitung von Automobilbatteriezellen untersucht.

Voraussetzung für erfolgreiches Remanufacturing: Akzeptanz der Stakeholder

Das erste Unternehmen, das mit der Wiederaufbereitung von EVBs beginnt, hat einen starken Einfluss auf das Setup der rückführenden Lieferkette für die EVB-Wiederaufbereitung, mit dem Wiederaufbereiter als Zielpunkt der Rückflüsse. Es gilt herauszufinden, wie Synergien mit der bestehenden Lieferkette genutzt werden können. Der Fahrzeughersteller sollte die Marktteilnehmer sorgfältig analysieren, um festzustellen, welche möglichen Partner die erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Wiederaufarbeitung mitbringt – und das aus zwei Gründen:

  • Ein Fahrzeughersteller ist auf zuverlässige Wiederaufbereiter angewiesen, da die Batterieleistung direkt den Ruf der Marke widerspiegelt.
  • Vertrauen ist ein entscheidender Faktor, da die Batteriezusammensetzung derzeit noch ein Wettbewerbsvorteil ist. In der Geschäftsbeziehung zwischen einem Fahrzeug-OEM und einem Wiederaufbereiter ist die Fähigkeit, Informationen schnell und zuverlässig zwischen allen Beteiligten auszutauschen, von entscheidender Bedeutung für einen reibungslosen Betrieb.

Der Verzicht auf Strategien zur Batterierückgabe ist dabei keine empfehlenswerte Option. Dies könnte dazu führen, dass ein Fahrzeughersteller die Kontrolle über Batterien am Ende ihrer Nutzungsphase verliert. Damit gehen auch Informationen über den Lebenszyklus und weitere Möglichkeiten zur Gewinnerzielung verloren.

Strategien für Vertragsgestaltung für den Rücklauf von Batterien

Für ein Unternehmen, das sich mit der Wiederaufbereitung von Batterien befasst, ist ein zuverlässiger und stetiger Zustrom der Altbatterien entscheidend. Einflussfaktoren sind hier nicht nur die Menge und der Zeitpunkt der Batterierückgabe; zusätzlich müssen die Batterien von ausreichend hoher Qualität sein, um für die Wiederaufbereitung in Frage zu kommen.

Ein geeigneter Ansatz ist die Einrichtung von Verträgen beim Verkauf eines BEV (Abbildung 1). Beispiele für Verträge sind Batterie-Leasing-Verträge oder Credit-Point-Systeme. Bei letzterem erhalten die Kunden als finanziellen Anreiz bei der Rückgabe einer Altbatterie, einen Kredit auf die neue Batterie.

Es gibt mehrere Optionen, die individuelle Merkmale enthalten können [1]. Im Allgemeinen unterscheiden sich die Verträge vor allem durch den Grad der Kontrolle durch den Hersteller, die finanziellen Anreize und den Zahlungsplan, sowie durch die Eigentumsstruktur der EVB im Allgemeinen.

Abbildung 1: Schritte zur Erstellung von Verträgen zur Kontrolle über EVB am Ende ihres ersten Lebenszyklus
Abbildung 1: Schritte zur Erstellung von Verträgen zur Kontrolle über EVB am Ende ihres ersten Lebenszyklus

Die Verträge dienen dem Zweck, die Wiederaufbereitung effizienter zu gestalten, da mit den Verträgen Kontrolle über den Fluss der zurückgegebenen Batterien hergestellt wird. Das verringert Planungsunsicherheiten.

Der Preis für eine wiederaufbereitete Batterie muss sorgfältig geprüft werden. Ist der Preis zu hoch könnten Kunden neue Batterien gegenüber den Wiederaufbereiteten vorziehen.

Alle Arten von Verträgen haben Vor- und Nachteile. Daher ist eine sorgfältige Evaluierung der besten Strategie unerlässlich. Insgesamt muss die Strategie mit der Geschäftsstrategie des Unternehmens übereinstimmen.

Design-Prinzipien für eine rückführende Lieferkette

Zunächst wird ein Standort für die Gewinnung und Prüfung der Batterien bestimmt, dabei spielt die Reihenfolge der auszuführenden Prozesse eine wichtige Rolle [2]. Bereits bestehende Anlagen können genutzt werden, was das Investitionsvolumen für neue Anlagen verringert. Vermutlich gibt es für bestehenden Anlagen Anpassungs- und damit Investitionsbedarf, da sie mit sicheren Lagerräumen ausgestattet werden müssen (Compliance).

Eine große Schwierigkeit bei rückführenden Lieferketten ist die geografische Streuung der zu sammelnden Produkte [3]. Daher sind Sammelstellen zur Konsolidierung der Produktströme sinnvoll, und eine Sammelstrategie wird benötigt.

Eine Option könnte die Nutzung bestehender Werkstätten als erste Entnahme- und Teststelle sein. Dies kommt auch den BEV-Besitzern entgegen, da die Batterieentnahme als regulärer Werkstattbesuch geplant und möglicherweise mit anderen Serviceangeboten kombiniert werden kann. Dies trägt zu einer guten Customer Experience bei.

Nach der Entnahme der Batterie muss diese auf ihre Wiederverwendbarkeit geprüft werden, da nicht alle Batterien wiederaufbereitet werden können. An diesem Punkt können die Batterien sortiert werden, und es muss eine Entscheidung über die weitere Verwendung getroffen werden. Dies kann in der Werkstatt oder auf einer späteren Stufe der Verarbeitung geschehen.

Die Entscheidung, ob die Batterie am Ort der Entnahme geprüft und sortiert werden soll, hängt von Faktoren wie dem Platzbedarf und den finanziellen Aufwendungen für den Bau neuer Anlagen oder der angemessenen Ausstattung bestehender Standorte ab. In der Kalkulation müssen auch die zu erwartenden Transportkosten zwischen den verschiedenen Standorten inkludiert werden.

Der Bau zusätzlicher Sammeleinrichtungen für die Prüfung und Sortierung der Batterien hat den Vorteil, dass die Transportwege verkürzt werden, was wiederum zu niedrigeren Transportkosten und einer geringeren Umweltbelastung führt und somit Nachhaltigkeitsziele unterstützt. Quantitative Studien, die von CAMELOT durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass der Zentralisierungsgrad eines Netzwerks einen großen Einfluss auf die Transportkosten hat. “Zentralisierung” bezieht sich hier auf die Anzahl der Standorte, die dieselbe Aufgabe ausführen [4].

Ein weiterer Ansatz zur Senkung der Kosten in der rückführenden Lieferkette sind strategische Kooperationen. Der Aufbau gemeinsamer Sammelnetze kann die gesamten Infrastruktur- und Transportkosten senken. Ökologische Faktoren zur Einhaltung der Grundsätze der Nachhaltigkeit können ebenfalls eine Rolle spielen. Generell sind Kooperationen im Bereich der EVBs nicht ungewöhnlich, wie beispielsweise ACC bei der Zellherstellung zeigt [5].

Abbildung 2: Rücklauf von gebrauchten EVB am Ende ihrer ersten Lebensphase
Abbildung 2: Rücklauf von gebrauchten EVB am Ende ihrer ersten Lebensphase

Wenn sich der Bau neuer Einrichtungen als bessere Option herauskristallisiert (im Vergleich zur Erweiterung bestehender Einrichtungen), ist die Standortwahl entscheidend, um die Transportkosten zu senken. Es wird empfohlen, ein Netzwerk schrittweise aufzubauen. Ein guter Indikator für die Ausbau-Reihenfolge sind die bisherigen regionalen Absatzzahlen.

Zielpunkt für den Rückfluss ist die Anlage für die Wiederaufbereitung. Die Wahl des Standorts hängt davon ab, welcher Akteur sich mit der Wiederaufarbeitung befassen wird. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für einen rückführenden Produktfluss, inklusive der verschiedenen Arten von Anlagen, die potentiell benötigt werden.

Integration des rückführenden Netzwerks in bestehendes Netzwerk

Nach der Wiederaufbereitung müssen die Batterien wieder in das bereits bestehende Netzwerk integriert werden. Die spezifische Art der Wiedereingliederung hängt von der zugrundeliegenden Geschäftsstrategie ab, die festlegt, welcher Kunde eine wiederaufbereitete Batterie erhält. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten: Ein Beispiel ist, dass eine wiederaufbereitete Batterie in ein BEV eingebaut wird, wenn eine gebrauchte Batterie entnommen wird (siehe nächster Abschnitt). Dies bedeutet, dass sich der “neue” Vorwärtsfluss von dem “alten” Vorwärtsfluss unterscheidet (Abbildung 3).

Abbildung 3: Grafische Darstellung der zusätzlichen Transportströme für die Wiederaufbereitung (schematisch)
Abbildung 3: Grafische Darstellung der zusätzlichen Transportströme für die Wiederaufbereitung (schematisch)

Zur Kostensenkung ist es ratsam, möglichst viele Synergien mit dem bestehenden Netzwerk zu nutzen. Daher muss die bestehende Lieferkette genau bewertet werden, um zugängliche und praktikable Schnittpunkte zwischen beiden Systemen zu finden.
CAMELOT kann Sie bei der Analyse Ihres derzeitigen Logistiknetzes unterstützen, um mögliche Ansatzpunkte für ein rückführendes Netzwerk zu ermitteln.

Planung des Austauschs und die Verwendung von wiederaufbereiteten Batterien

Wie bereits erwähnt, ist eine Strategie erforderlich, wie die Unsicherheiten beim Erwerb gebrauchter Batterien verringert werden können. Das erleichtert die interne Planung und legt fest, wie wiederaufbereitete Batterien in das bereits existierende System integriert werden können.

Das Angebot von wiederaufbereiteten Produkten kann ein zusätzliches Serviceangebot an bestehende Kunden sein, zum Beispiel wenn eine wiederaufbereitete EVB im Austausch gegen eine gebrauchte EVB angeboten wird. Wenn der Austausch im Voraus geplant wird, ist die wiederaufbereitete Austauschbatterie bereits verfügbar, und der interne Transport kann entsprechend geplant werden. Dadurch wird der Stillstand des Fahrzeugs reduziert. Ein gewisser Vorrat an EVBs in einer Werkstatt kann dennoch sinnvoll sein, um unvorhergesehene Batterieausfälle zu kompensieren.

Eine ausgefeilte Prognose der Rückflüsse ist für den Aufbau einer effizienten rückführenden Lieferkette unerlässlich. Unsere quantitativen Studien haben gezeigt, dass es zu kostspieligen Engpässen bei der Transportkapazität oder der Kapazität von Lagereinrichtungen kommen kann – um nur zwei Beispiele zu nennen. Daher sollten alle Kapazitäten an die prognostizierten Rückflüsse angepasst werden, um Angebot und Nachfrage aufeinander abzustimmen.

Transportmanagement für gebrauchte EVBs

Obwohl die Transportplanung selbst keine langfristige strategische Entscheidung ist, wird sie von anderen langfristigen strategischen Entscheidungen bezüglich der Infrastruktur beeinflusst [6], etwa der Zentralisierung des Netzwerks oder der Kapazitätsplanung. Der Batterietransport ist stark reguliert und erfordert viele Sicherheitsmaßnahmen. Er stellt bei der Wiederaufbereitung von Batterien einen wesentlichen Kostenblock, weswegen hier auf Effizienz optimiert werden sollte. Verschiedene Optionen für das Batterietransportmanagement werden in einem zukünftigen Artikel genauer untersucht.

Beim Aufbau einer effizienten rückführenden Lieferkette für die Wiederaufbereitung von EVBs sind mehrere strategische Entscheidungen zu treffen. Da die detaillierten Spezifikationen des Netzwerks von dem bereits bestehenden Liefernetzwerk abhängen, ist eine genaue Analyse erforderlich, um Skaleneffekte zu nutzen.

Da das Unternehmen, das die Vorreiterrolle beim kombinierten Management einer klassischen und einer rückführenden Lieferkette für EVBs übernimmt, in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil haben wird, ist es ratsam, so früh wie möglich mit der Planung zu beginnen.

 

Quellen:

[1] Östlin, J., Sundin, E. & Björkman, M., 2008. Importance of closed-loop supply chain relationships for product remanufacturing , International Journal of Production Economics, Vol. 115, S. 336 – 348.

[2] Klör, B., Bräuer, S. & Beverungen, D., 2014. A Business Process Model for the Reverse Logistics of Used Electric Vehicle Batteries

[3] Fleischmann, M., 2003. Reverse logistics network structures and design. In: V. Guide & L. Van Wassenhove, eds. Business Aspects of Closed-Loop Supply Chains. s.l.: Carnegie Bosch International Management Series, Bd. 2, S. 117-148.

[4] Fleischmann, M., Krikke, H. R., Dekker, R. & Flapper, S. D. P., 2000. A characterisation of logistics networks for product recovery , Omega, Vol. 28, S. 653-666.

[5] ACC, 2022. ACC. [Online] verfügbar unter: https://www.acc-emotion.com/about-acc [Zugriff am 26.10.2022].

[6] Fleischmann, B., Meyr, H. & Wagner, M., 2015. Advanced Planning. In: H. Stadtler, C. Kilger & H. Meyr, eds. Supply Chain Management und Advanced Planning. 5th ed. Heidelberg: Springer Texts in Business and Economics, S. 71-95.

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