Dieser Artikel schildert eine machbare Vorgehensweise zur Automatisierung in Lieferkettenfunktionen und, weshalb Robotic Process Automation (RPA) dabei eine entscheidende Rolle spielt. RPA eignet sich besonders gut zur Automatisierung von regelbasierten, sich wiederholenden und zeitaufwendigen Aufgaben, die zuvor manuell ausgeführt werden mussten. Damit kann sie die Prozesseffizienz enorm verbessern. Doch welche gängigen Anwendungsfälle gibt es im Bereich der Lieferkettenfunktionen und wie könnte ein solcher Fall aussehen? Wir beantworten diese Fragestellungen und zeigen das Potenzial von RPA, diese Herausforderungen und Probleme zu bewältigen.

Zentrale Herausforderungen und Probleme bei der Automatisierung von Prozessen

Bei der digitalen Transformation spielen Technologien eine zentrale Rolle. Dies betrifft alle Bereiche von Organisationen und verändert traditionelle Geschäftsprozesse ebenso wie neue Geschäftsmodelle. Bei der Datenintegration und der Automatisierung von digitalen Geschäftsprozessen treten oft ungelöste Herausforderungen zutage. Nicht durchgängige Prozesse, eine geringe Qualität der Stammdaten oder unzureichende Digitalisierung stellen häufig erhebliche Hürden für Automatisierungsprojekte dar.

Im Kontext von Hyperautomation sollte das übergreifende Ziel jeder digitalen Transformation lauten, Konzepte, Technologien und Tools möglichst effektiv zu kombinieren, um schlankere und effizientere Prozesse zu erreichen. RPA spielt eine entscheidende Rolle bei der Automatisierung, da sie eine Antwort für deren klassische Herausforderungen liefert, wie in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Wie RPA klassische Herausforderungen der Automatisierung von Geschäftsprozessen löst

Hier kann der Einsatz von RPA bei richtiger Implementierung zu einer vergleichsweise schnellen Investitionsrendite führen. Es sind keine komplexen Programmierungen keine Änderungen an bestehenden IT-Systemen und keine Entwicklungen neuer APIs erforderlich. RPA ermöglicht einen höheren Grad an durchgehende Automatisierung, da unterschiedliche Prozesse, lose Teilautomatisierungen oder Data-Science-Lösungen verknüpft werden können. Insbesondere werden eine Verbindung und Erweiterung bereits implementierter, aber bislang isolierter Data-Science-Lösungen zu breiter gefassten Lösungen möglich. RPA fungiert dabei als Brücke und Cockpit für die Orchestrierung.

RPA-Anwendungsfälle in Lieferkettenfunktionen

Einer der Hauptvorteile von RPA ist, dass sie auf eine Vielzahl von Geschäftsprozessen in unterschiedlichen Branchen und Funktionsbereichen angewandt werden kann. Besonders betriebliche und transaktionsbasierte Prozesse eignen sich gut für RPA, da diese in der Regel manuell ausgeführte, sich wiederholende und standardisierte Aufgaben umfassen.

Beispielsweise kann RPA zur Bestandsverwaltung eingesetzt werden, um die Benutzer zu informieren, wenn eine Mindestbestandsmenge erreicht wird, oder direkt neue Produkte zu bestellen. In Kombination mit Machine Learning könnten auch historische Daten berücksichtigt werden, um die optimale Bestands- und Bestellmenge zu prognostizieren. Weitere gängige Anwendungsfälle sind Auftragsverwaltung & Rechnungsverarbeitung, Datenpflege & Datenprüfung oder eine automatische Kontrolle des Rechnungsstatus von Lieferanten. Abbildung 2 gibt einen Überblick über gängige Anwendungsbereiche im Bereich der Lieferkettenfunktionen.

Abbildung 2: Beispiele für Anwendungsfälle in Lieferkettenfunktionen, die durch RPA automatisiert werden können

Eine Auswahl der profitabelsten Prozesse für RPA finden Sie in unserem vorherigen Blogbeitrag.

Ein Anwendungsfall im Detail: Lieferscheinverarbeitung

Unser Kunde, ein großer spezialisierter Lebensmittelhersteller, verarbeitete im großen Umfang papierbasierter Dokumente. Während wir in einem solchen Fall meist eine Prozessneugestaltung durchführen, um Papierdokumente durch zuverlässigere digitale Tools zu ersetzen, musste in diesem speziellen Fall der Lieferschein des Ausgangsmaterials vom Hersteller unterzeichnet werden, und zwar während des Wiegevorgangs am Standort des Kunden. Dieser unterzeichnete Lieferschein wurde dann physisch an die Abteilung des Unternehmens übergeben, in der alle papierbasierten Dokumente eingescannt und dann per E-Mail an die jeweiligen Abteilungen weitergeleitet wurden.

An diesem Punkt musste ein Mitarbeiter (siehe Abbildung 3) der zuständigen Abteilung – zumeist in der Abteilung für Lieferkettenmanagement oder Logistik – den Lieferschein aus einem gemeinsamen Posteingang herunterladen. Dann öffnete der Mitarbeiter die Scan-Datei und suchte nach den relevanten Werten, wobei er überprüfte, ob der maximale Grenzwert für die Abweichung beim flüssigen Material eine erwartbare Menge überschritt. Da solche Abweichungen häufig auftreten, musste der Mitarbeiter SAP öffnen, um nach der Lieferung zu suchen, alle Daten vergleichen und unzutreffende Daten korrigieren. Schließlich schloss der Mitarbeiter die Lieferung ab und fügte die Scan-Datei als Anlage zu SAP hinzu.

Abgesehen von seiner häufigen Wiederholung war der geschilderte Prozess hochgradig manuell, fehleranfällig und zeitaufwendig. Da der Prozess Teil eines Proof of Concept (PoC) für ein größeres Projekt war, bestand das Ziel in einer raschen Darstellung der Ergebnisse. Die größten Herausforderungen waren dabei die Scan-Qualität (Eingrenzung) und der Umstand, dass keine Prozessstandards vorhanden waren.

Der Kunde wollte die Verarbeitungszeit verkürzen, die Prozessqualität verbessern und Arbeitsaufwand sowie Arbeitsrückstände reduzieren. Außerdem war die Mitarbeiterzufriedenheit Teil des PoC, um das Interesse in den Geschäftsbereichen zu steigern.

Abbildung 3: Manuelle Lieferscheinverarbeitung

Unsere Lösung bestand darin, eine Kombination aus RPA und optischer Zeichenerkennung (OCR) anzuwenden. Während die OCR-Engine im Kern des Prozesses platziert wurde und Pixel zu Schriftzeichen zusammensetzte (unter Auslassung von Unterschriften und handschriftlichen Korrekturen), rief die RPA Dokumente aus mehreren Systemen ab, leitete diese an die OCR-Engine weiter und verglich dann die Ergebnisse mit den Einträgen im ERP-System, um bei Bedarf Korrekturen vorzunehmen.

Im Rahmen des PoC arbeiteten wir nach der 80/20-Regel, so dass der RPA-Bot noch immer die Möglichkeit hatte, nicht lesbare Dokumente an einer Mitarbeiter weiterzuleiten.

Abbildung 4: Automatisierte Lieferscheinverarbeitung

Das Ergebnis der automatisierten Prozesse war ein nicht beaufsichtigter, standardisierter durchgehender Prozess, der menschliche Fehler reduzierte und so die Datenqualität um bis zu 30 % erhöhte. Die größten Verbesserungen waren jedoch die um 50 % verkürzte Bearbeitungszeit und die Skalierbarkeit des Prozesses: Dieser vermeidet hohen Arbeitsaufwand und gibt den Mitarbeitern mehr Zeit für kreative und wertschöpfende Tätigkeiten.

Welche Vorteile können Sie erzielen?

Die Implementierung von RPA als ein digitaler Assistent für Ihre Mitarbeiter kann die Prozesseffizienz erheblich steigern und Verarbeitungszeiten stark verkürzen. Außerdem können Mitarbeiter die eingesparte Zeit für höherwertige Aufgaben nutzen und die Datenqualität kann dank weniger manueller Verarbeitungsfehler und automatischer Abgleiche verbessert werden. Da es sich hierbei um ein Anwendungsbeispiel handelt, sollten Sie bedenken, dass jeder einzelne Anwendungsfall stets separat analysiert, priorisiert, optimiert und entwickelt werden muss.

CAMELOT bietet einen umfassenden Ansatz für das Management von Unternehmensdaten mit RPA und kann Unternehmen mit seiner Erfahrung in den verschiedenen Phasen der Analyse oder Implementierung im Kontext der Hyperautomation unterstützen. Für weitere Informationen kontaktieren Sie uns bitte.

Die Autoren danken Bhavana Jotwani, einer internationalen Expertin für Value Chain Management, für ihren Beitrag zu diesem Artikel.

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