52 Prozent aller Projekte im IT-Umfeld verfehlen ihren Zeit- und Budgetrahmen aufgrund unpassender Methodiken. Der bewusste Einsatz agiler und hybrider Konzepte ist ein Erfolgsfaktor, insbesondere für Datenprojekte. Dieser Artikel zeigt Parameter, die die Auswahl der Methodik beeinflussen.

Eine erfolgreiche Projektdurchführung bis hin zur Erstellung eines Endproduktes bietet großen Mehrwert für ein Unternehmen. Die passende Projektmethodik will daher bewusst ausgewählt werden. In den letzten Jahrzehnten geht der Trend in Richtung „agile“. Agile Methoden in Reinform sind jedoch nicht für jedes Unternehmen einsetzbar. Ein bedarfsgerechtes Mischen verschiedener Methoden hat sich in unseren Projekten als besonders erfolgreich erwiesen. Aber wann sollte die Wahl auf klassisches, agiles oder ein hybrides Projektmanagement fallen? Spätestens wenn ein Unternehmen ein Datenprojekt aufsetzt, sollte klar sein, welche Projektmethodik zum Einsatz kommt.

Agiles Arbeiten unter neuen Anforderungen

Ursprünglich wurde agiles Projektmanagement wie andere Projektmanagement-Methoden auch für Teams entwickelt, die sich physisch an einem Ort befinden. Charakteristika des agilen Projektmanagements, wie beispielsweise schnelle, unkomplizierte Kommunikation und effiziente sowie bedarfsgerechte Anpassung der Arbeitsweise, konnten in kurzfristigen Absprachen bedient werden. Mit zunehmender Remote-Arbeit in der Covid-19-Pandemie hat sich das agile Arbeiten weiter verändert. Vor der Krise wiesen agile Projekte eine um 60 Prozent höhere Erfolgschance auf, als nicht-agile Projekte (Standish Group, 2018). Bei näherer Betrachtung ist die Wahrscheinlichkeit, dass “Wasserfall”-Projekte scheitern, dreimal höher als bei agilen Projekten.

Also ab sofort nur noch agil?

Auch nach der Krise spricht weiterhin die hohe Erfolgswahrscheinlichkeit agil durchgeführter Projekte im Vergleich zu klassischen „Wasserfall-Projekten“ für sich. Jedoch stellt sich die Frage: Unter welchen Rahmenbedingungen sollten die Vorteile agiler Projektmanagement-Methoden genutzt werden?

Projektmethodik effizient auswählen – der richtige Zeitpunkt

Projekte werden typischerweise in die Projektphasen Assess, Design, Implement sowie Monitoring & Support gegliedert (siehe Abb. 1). Entscheidend für die Auswahl der passenden Projektmethodik ist vor allem die anfängliche Phase Assess. Hier gilt es, die Organisation in Gänze zu verstehen. Der aktuelle Ist-Zustand muss ermittelt und ein erstes Bild der Organisation des Projektpartners identifiziert werden. Anschließend kann ein Soll-Zustand definiert werden, der mithilfe einer Vision, Strategie und Roadmap verfolgt werden soll. Diese erste Phase erlaubt eine Einschätzung über die zweckmäßige Auswahl einer Methodik. Dabei sollten die richtigen Parameter berücksichtigt werden, um zeiteffizient einen Methodikvorschlag zu machen und eine Entscheidung zu treffen.

Projektphasen
Abb. 1: Projektphasen

Welche Parameter spielen bei der Methodikauswahl eine Rolle?

Wir befinden uns in einer immer volatileren Welt, wodurch die Klarheit über Projektgegenstände und Ungewissheit bezüglich des Projektvorgehen komplexer wird. Die passende Methodik will daher gut überlegt und mithilfe bestimmter Parameter ausgewählt werden. Aus unserer Erfahrung haben folgende Parameter einen Einfluss auf die Auswahl (vgl. Abb. 2):

  • Projekt- und Teamgröße,
  • Ressourcenauslastung,
  • Scope und Anforderungen,
  • Umgang mit Änderungen,
  • Kosten und Zeitaufwand, und
  • Wissensstand im agilen Arbeiten.

Zusätzlich können weitere sekundäre Parameter ergänzend herangezogen werden. Dazu zählen unter anderem: Branche, IT-Landschaften, Tagesgeschäft des Kunden, Komplexität der Prozesse und die Vertragsart (Festpreis oder Time & Material). Wie sollten die Parameter ausgeprägt sein, damit agil oder hybrid gegenüber klassischen Methodiken erfolgsversprechender erscheint?

Parameter- und Methodikenabhängigkeit
Abb. 2: Parameter- und Methodikenabhängigkeit

Die richtigen Fragen bei der Entscheidung über die Projektmethodik

Bei der Auswahl der am besten geeigneten Methodik können die Fragen aus dem nachfolgenden Prozessablaufdiagramm (siehe Abb. 3) hilfreich sein. Es muss in jedem Fall eine Auswahl getroffen werden, ob die vorliegende Frage zutrifft oder nicht. Die Fragen basieren auf den gewählten Parametern. Darüber hinaus können sie für jeden Benutzer spezifisch definiert und interpretiert werden.

Prozessablaufdiagram Methodikauswahl
Abb. 3: Prozessablaufdiagram Methodikauswahl

 

Damit Missverständnisse nicht zu einer falschen Methodik führen, ist es wichtig, einen Definitionsrahmen für das Prozessablaufdiagramm vorzugeben. Dieser kann sich beispielsweise an den nachfolgenden Bedingungen orientieren. Je nachdem, welche Antwort zutrifft, kommen Vorteile bestimmter Methodiken zum Tragen:

  • Teamgröße: Ist es ein großes Projekt mit großen Teams? Große Projekte haben ein hohes Budget (mehr als 1 Million Euro), und die Teamgröße beträgt mehr als fünf Mitarbeiter. Die Projektzusammensetzung kann in diese Frage einbezogen werden (d.h. die Anzahl externer und interner Mitarbeiter). Klassische Methodiken eignen sich beispielsweise vordergründig für Projekte von geringem Umfang und kurzer Dauer.
  • Ressourcenauslastung: Sind die Teammitglieder während des Projekts stark in andere Projekte eingebunden? Stehen die Projektressourcen dem Projekt zu 100 Prozent zur Verfügung? Falls Teammitglieder Teil verschiedener Projekte sind, ist ihre Kapazität pro Projekt vermutlich geringer. Feste Teams und wenig Mitarbeiterwechsel in Projekten sind ein entscheidender Faktor in agilen Praktiken, der Ressourcenkonflikte minimieren kann.
  • Umfang und Anforderungen: Sind Umfang und Anforderungen frühzeitig bekannt? Hilfreich ist die Frage, ob der Umfang in schriftlicher Form vorliegt und ob Anforderungen dokumentiert sind.
  • Änderungen im Umfang: Können größere Änderungen im Scope ausgeschlossen werden? Vage Wünsche und Anforderungen zu Beginn des Projekts steigern das Risiko größerer Änderungen im Verlauf des Projektes. Kommt es voraussichtlich zu einem hohen Maß an unvorhersehbaren Änderungen im Projektverlauf, eignen sich agile Methodiken.
  • Kosten und Aufwand: Sind ein festes Budget oder ein fester Zeitplan erwünscht? Die Vertragsart kann hierbei als Indikator herangezogen werden. Während klassische Methodiken variable Kosten und Zeiten zulassen, beruht agiles Vorgehen auf einem festen Zeit- und Kostenrahmen.
  • Wissenstand im agilen Arbeiten: Sind AGILES MINDSET, Toolset und Skillset in der Organisation vorhanden? Es gilt abzuschätzen, inwieweit in der Organisation des Unternehmens die Basis für agiles Arbeiten zur Verfügung steht. Agiles Know-how muss auch im Unternehmen gelebt werden, um ein Projekt mit agilen Methodiken zum Erfolg zu führen. Eine zusätzliche Einarbeitung in agiles Arbeiten wäre ein Aufwand, der über den Zeit- und Budgetrahmen in einem Projekt hinausgehen würde.

Nur in den seltensten Fällen würde demnach die Entscheidung auf eine rein klassische Vorgehensweise, beispielsweise die Wasserfall-Methode, fallen. Dies ist darin begründet, dass Anforderungen oftmals unbekannt sind oder sich erst im Laufe des Projekt schärfen. Sie können sich zudem durch neue Erfahrungen oder Rahmenbedingungen verändern. Wir sind längst keinem stabilen und vorhersehbaren Geschäftsumfeld mehr ausgesetzt, sondern einer volatilen, komplexen Welt. Das Akronym VUCA droht zwar Bestandteil des Buzz-Word-Bingos zu werden, im Anbetracht von auftretenden Konflikten und einer Pandemie könnte der Begriff jedoch nicht treffender sein. Hinzu kommt, dass neben Änderungen im Scope auch der Wissensstand von agilem Mindset, Skillset und Toolset als kritische Stelle des Prozessablaufs zu betrachten ist (Abb. 2).

Wieso fällt im Bereich von Datenprojekten die Auswahl häufig auf hybride Modelle?

In Data- und Analytics-Projekten werden oftmals die Phasen Assess und Design mit der klassischen Wasserfall-Methode durchgeführt und das Projekt anschließend mit SCRUM-Ansätzen weitergeführt. Dieser hybride Ansatz kombiniert die Vorteile der plangetriebenen, strukturierten Vorgehensweise der klassischen Methode mit viel Dokumentation zu Beginn eines Projektes und schließt den agilen Ansatz mit Raum für Flexibilität und Adaptierbarkeit in der Phase der Implementierung an, da hier mit zunehmender Unsicherheit zu rechnen ist. Oft ist ein solches hybrides Vorgehen die Lösung für Projekte, in denen agiles Mindset nicht vollumfänglich in einer Organisation gelebt wird oder aber das Skill- oder Toolset für agile Strategieentwicklung noch nicht präsent sind. Falls dies jedoch gegeben ist, können Projekte auch rein agil durchgeführt werden. Der Trend des zunehmend agileren Arbeitens und der immer komplexeren Umgebung markiert die Erfolgschancen solcher Methoden für die Zukunft. Die wenigsten Projekte laufen noch rein nach klassischen Methoden ab. Letztlich kommt es bei den verschiedenen Datenprojekten ganz individuell auf die Wahl der richtigen Projektmethodik an.

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