Die moderne Logistik, und somit auch die Lagerhaltung, sind immer stärker geprägt durch Portfoliodiversifizierung und fortschreitende Liefergrößenminimierung. Während weitere Rahmenbedingungen, wie Personalmangel und Wettbewerbsdruck, auch Einfluss auf die Lagerlogistik haben, können die zuvor genannten Trends zu einer rapiden Inventarexpansion führen und folglich zu extremen Kapitalbindungskosten. Eine präzise und ausführliche Bedarfsprognose kann dieser Kostensteigerung entgegenwirken.

Komplexität ist abhängig vom Anwender

Eine Bedarfsprognose kann von einem Analysten einzig auf historischen Bedarfsdaten generiert werden unter Anwendung einer simplen Systematik. Ein typisches Beispiel wäre eine exponentielle Glättung. Mit einer solchen Bestimmungsart lässt sich grundlegend eine valide und wertschöpfende Prognose erstellen, auf deren Basis man seinen Sicherheitsbestand und verbundene Kosten verringern kann. Über die Zeit kamen immer mehr Indikatoren mit zugehörigen Variablen hinzu, mit dem Ziel, Bedarfsdaten präziser oder mit einer anderen Gewichtung antizipieren zu können. Diese Indikatoren ergeben sich einerseits aus den Daten selbst, aber auch andererseits aus weiteren externen Faktoren. So kann beispielsweise das Wetter einen Einfluss auf das Konsumverhalten haben. Je mehr Einflussfaktoren und Indikatoren mit einbezogen werden, desto komplexer gestaltet sich eine Bedarfsprognose. Weitere Einflussfaktoren könnten Wirtschaftsembargos, Krisen und Katastrophen, Streiks etc. sein. Die Fülle an Möglichkeiten den Bedarf vorherzusagen kann schnell verwirren. Des Weiteren ist das Ziel eine bestmögliche Prognosemethodik zu erstellen, auf Grund der Kombinationsmöglichkeiten, eine schier unerreichbare Aufgabe. Allerdings können bereits durch geringe Verbesserungen der Vorhersage schon enorme Kosten eingespart oder Gewinne erzielt werden.

Weitere Vorhersagemöglichkeiten

Der Fokus von Prognosemethoden in der Lagerhaltung liegt historisch auf der Bedarfsentwicklung der sich im Lager befindlichen Güter. Doch auch weitere Aspekte eines Lagers lassen sich durch Antizipieren effizienter gestaltet. Denn auch das Eintreffen von Lieferungen kann mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden. Dabei können historische Lieferabweichungen in Korrelation gestellt werden mit Einflussfaktoren. Das erneute Auftreten dieser Einflussfaktoren kann nun als Indikator für zukünftige Lieferabweichungen genutzt werden. Doch auch weitergehend können nicht-lineare Zusammenhänge einen Einfluss haben. Die Identifizierung dieser gestaltet sich aber als deutlich herausfordernder. Auch interne Prozesse können analysiert und eine Vorhersage über die voraussichtliche Bearbeitungszeit kann getroffen werden, in Abhängigkeit der tätigkeitsspezifischen Rahmenbedingungen. Daraus können detailliertere Pläne erstellt werden, um die Abfertigung der ausgehenden Transportaufträge effizient und schnell durchzuführen.

Die Vorteile der Einbindung einer künstlichen Intelligenz

Das Anwendungsfeld der künstlichen Intelligenz, oder genauer der Unterbegriff des selbstlernenden Algorithmus‘ (a.k.a. Machine Learning), erlebt seit ca. 5 Jahren einen enormen Aufschwung. Dies liegt darin begründet, dass sich die Rechenleistung ausreichend gesteigert hat, um komplexe Berechnungen in adäquater Zeit durchzuführen. Des Weiteren stehen mehr und mehr Daten für eine Berechnung zur Verfügung, welche in Echtzeit gesammelt werden.

Doch auch in den Medien erlebt die Thematik einen Aufschwung. Ein klarer Meilenstein ist der Sieg des Google DeepMind Programms AlphaGo. Dieses konnte im Jahre 2016 den weltbesten Profispieler im Spiel Go besiegen, ein deutlich komplexeres Spiel im Vergleich zu Schach. Dies ist erstaunlich, da es bei Go deutlich mehr Möglichkeiten pro Zug gibt und ein Brute-Force-Algorithmus (Durchprobieren aller Züge) effektiv nicht angewandt werden kann, ganz im Gegensatz zu Schach. Doch auch in anderen Computerspielen, mit erneut höherer Komplexität, konnten siegreich künstliche Intelligenzen zum Einsatz gebracht werden gegen menschliche Profis.

Das Anwendungsfeld der künstlichen Intelligenz hat bereits einige Fortschritte und Entwicklungen erlebt und es bietet sich an, diese in prädikativen Feldern anzuwenden. Der Vorteil daran ist, eine iterative Annäherung von Prognose und Realität zu erhalten und der zunehmenden Komplexität Herr zu werden.

Zusätzlich hierzu können auch weitere nicht betrachtete Einflussfaktoren entdeckt werden. Sollten Korrelationen gefunden werden, ist es jedoch notwendig die Möglichkeit gegeben zu haben, dass die Ergebnisse interpretiert werden können, um zu überprüfen ob erstens die gefundene Korrelation überhaupt sinnhaft ist oder Zufall und zweitens ob der Einfluss groß genug ist, um die Investition in die Datensammlung zu rechtfertigen.

Worauf geachtet werden sollte

Wenn man sich mit der Thematik einer künstlichen Intelligenz beschäftigt begegnet man des Öfteren dem Begriff einer „Black Box“. Diese wird dadurch charakterisiert, einen Input und einen Output zu haben, man versteht aber nicht was dazwischen passiert, wie die Daten interpretiert werden etc. Dies ist eine der Hauptproblematiken mit selbstlernenden Algorithmen. Scheinzusammenhänge können die Interpretation von Daten deutlich erschweren oder verfälschen. Wenn man den Weg der Datenverarbeitung nicht versteht, dann hat man nur beschränkte Möglichkeiten, darauf Einfluss zu nehmen und die zu Grunde liegende Annahmen validieren oder falsifizieren zu können.

Eine Möglichkeit zum Einsatz eines selbstlernenden Prognoseverfahrens wäre, zu definieren welchen Einfluss bzw. Anteil am Ergebnis eine künstliche Intelligenz hat. Traditionelle Vorhersagemethoden können weiterhin genutzt werden, um die Intuition und die Erfahrung eines menschlichen Analysten beizubehalten. Diese wird dann angereichert um die Vorhersage der künstlichen Intelligenz, um eine ausgewogenere Mischprognose zu erhalten.

Fazit

Der Einsatz einer künstlichen Intelligenz bietet die Möglichkeit, eine Prognose im Feld der Lagerlogistik anzureichern. Es sollte sich jedoch nicht ausschließlich auf eine KI verlassen werden, denn eine Informationsinterpretation ist maximal nur so gut wie die Integrität der zur Verfügung stehenden Informationen und weiterhin sollte die menschliche Komponente nicht vernachlässigt werden. Die Kooperation von Mensch und Maschine steht klar im Vordergrund. Wenn Sie mehr wissen wollen, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.

Wir danken Thomas Grill und Albert Peychal-Heiling für ihren wertvollen Beitrag zu diesem Artikel.

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