Stammdatenmanagement (Master Data Management, MDM) steht immer stärker im Fokus der Führungsebene. Es befähigt Organisationen die stetig wachsende Datenmenge zu beherrschen und die Wettbewerbsfähigkeit durch verbesserte Auswertung und Nutzung von externen und internen Unternehmensdaten nachhaltig zu sichern und zu stärken. Aber bedeutet das etwa, dass (sobald der Bedarf erkannt und eine MDM-Strategie erfolgreich implementiert ist) auf Basis der durch strukturierte Datenverarbeitung verfügbaren Analysedaten auch optimale Unternehmensentscheidungen getroffen werden?

Die letzten Jahre waren geprägt von einem Fokus auf Datenqualität und auf eine übergeordnete strategische Vision, die eine konzernweite Zieldefinition für die Verwaltung und Nutzung von Stammdaten innehat. Außerdem wurde aktiv versucht, die Fachbereiche in die Strukturierung der Systemlandschaften mit einzubeziehen, da diese direkt von Geschäftsprozessen betroffen sind.

Dieser Artikel zeigt, welche aktuellen Technologien und Konzepte zur Erreichung dieser Kriterien und einer noch höheren Datenqualität beitragen können. Unternehmen können sich so in den Bereichen Planung, Beschaffung, Produktion, Lieferung und Reklamationen noch besser aufstellen.

Entwicklung des Master Data Managements

Aktuell sind in den meisten Organisationen trotz MDM immer noch ein hoher manueller Aufwand in Pflege und Verwaltung der Systeme, sowie Insellösungen zur Bewältigung abteilungsspezifischer Prozesse anzutreffen. Es wurden viele zentrale Teams aufgebaut, die Fachbereiche entlasten sollen, gleichzeitig aber die Datenkompetenz isolieren, was die Nutzbarkeit zumindest im operativen Geschäft sehr einschränkt. Für diese Struktur wurden sehr umfangreiche operative Prozesse geschaffen, die Ineffizienzen und Fehleranfälligkeit bei Transferschritten zur Folge haben. Hierbei spielen auch Geschäftsregeln, die die Prozessabläufe und Datenqualität sichern sollen, eine wesentliche Rolle. Der Aufwand, diese den Endnutzern als sinnhaft und notwendig zu vermitteln und die Einhaltung durch sie sicherzustellen bzw. zu kontrollieren, wurde bisher deutlich unterschätzt.

Weitere Herausforderungen sind, neben der Komplexität (Datenharmonisierung, -pflege und Governance-Entscheidungen),

  • stetig wechselnde Anforderungen,
  • straffe Zeitpläne beim Aufbau
  • Personalplanung und -befähigung
  • zusätzlicher Arbeitsaufwand und
  • IT Infrastruktur (Hardware und Software).lo

Diese Faktoren haben Auswirkungen auf die Mitarbeiter, also diejenigen, die sich täglich mit den operativen Prozessen beschäftigen. Die Faktoren beeinflussen somit auch die durch Menschen produzierte Datenqualität und Wertschöpfung.

Das neue Zielbild der Unternehmen, die bereits ein Master-Data-Management-System aufgebaut haben, orientiert sich an den Themen Datenverfügbarkeit, Reduktion von manuellem Aufwand und Datenkompetenz. Es ist wichtiger denn je für den Unternehmenserfolg entlang der Lieferkette und in den Produktionsprozessen, dass Mitarbeiter einfach und schnell Zugang zu allen benötigten Daten haben und dass sie die richtigen Rückschlüsse aus diesen ziehen können.

Im Folgenden werden verschiedene Ansätze vorgestellt, die die Arbeitsbelastung und Fehleranfälligkeit minimieren und die Struktur, Verantwortung und Nutzbarkeit von Stammdaten neu ausrichten.

So erreichen Unternehmen die nächste Stufe im Master Data Management

Da im Allgemeinen aktuell schon eine solide Datenqualität hergestellt ist, können sich die Architekten der Systemlandschaften nun weiteren notwendigen Entwicklungsschritten widmen. Der Fokus sollte dabei auf der weiteren Verbesserung der Datenqualität liegen. Das hat zum Ziel, datenbasierte Entscheidungen für eine Steigerung der Effizienz, Produktivität und Servicequalität zu ermöglichen. Außerdem sollte eine Vereinfachung der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern sowie die Dezentralisierung der Datenkompetenz (und damit zurück in die Fachbereiche) angestrebt werden.

Die folgenden Tools, Technologien und Ansätze sind dafür ein guter Richtungsweiser. Ein wichtiges Thema ist der as-a-Service-Ansatz, der sich auf Software, Daten oder Data Governance beziehen kann. Die Vorteile des Konzepts sind, dass es die punktuelle Belastung der operativen Struktur einer Organisation bei der Implementierung drastisch reduzieren kann und für strategische Belange eine beratende Komponente umfasst.

Data Governance-as-a-Service

Besonders beim neueren Konzept der Data Governance-as-a-Service steht, im Gegensatz zur klassischen Ausprägung in Eigengestaltung, neben der Risikominimierung immer stärker die Anforderungen der Mitarbeiter im Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn erst die kompetente und fehlerfreie Bedienung der Datenmanagementsysteme gewährleistet eine hohe Datenqualität, die wiederum die Basis für akkurate Analysen und Erkenntnisse darstellt.

Automation

Eine grundsätzliche Entwicklung, die zwar nicht MDM-spezifisch ist, aber doch hochrelevant für die Erreichung der nächsten Entwicklungsstadien, ist die Förderung der Automatisierung. Mit der Substitution oder Vereinfachung von repetitiven, manuellen Übertragungs- und Konsolidierungsaufgaben durch eine automatisierte Prozessschrittabwicklung haben Unternehmen einen effektiven Hebel in Richtung MDM-Optimierung, was die weitere Steigerung der Datenqualität und Entlastung der Mitarbeiter angeht. Die grundsätzliche Voraussetzung für Automatisierung ist ein bereits funktionierender Workflow, dessen manuelle Schritte man potenziell ersetzen und seine Effizienz so steigern kann. Als Beispiel kann der automatische Import eines PDF-Lieferantenstammdatenblatts in ein ERP/MDG angeführt werden, was den Zeitaufwand minimiert und Übertragungsfehler durch menschliche Verarbeitung eliminiert. Ein weiterer Anwendungsbereich sind bspw. automatische Abfragen von Drittanbietern, die in SAP MDG eingegebene Daten um Werte wie Kreditauskünfte oder Adressvalidierung anreichern. Viele weitere Anwendungsmöglichkeiten sind bereits implementiert, andere bisher jedoch noch nicht. Sobald ein solides Automatisierungsniveau erreicht ist, kann eine Fortführung in der Einführung von Robotic Process Automation (RPA) bestehen. Mehr dazu im Blogartikel Robotic Process Automation für MDM.

Data Fabric

Ein wichtiges Thema bei der Gestaltung der Stammdatenverwaltung ist die Entscheidung, ob die Pflege zentral oder dezentral im Unternehmen erfolgen soll. Ein zentraler Ansatz kann langfristig effektiver sein, insbesondere wenn ein hohes Maß an Datensicherheit erforderlich ist. Dagegen könnte ein dezentraler Ansatz innerhalb einer größeren Organisation einfacher zu verwalten sein; er belässt Daten direkt an den Stellen, die sie erstellen und verwerten. Zu einer Dezentralisierung beitragen kann auch Data Fabric – eine Kombination aus Architekturansatz und Technologieset, das Datensilos auflösen und die relevanten Daten unternehmensweit Anwendern zugänglich, verarbeitbar und anwendbar macht. Außerdem trägt das Konzept des Data Sharing zum Datenaustausch innerhalb und außerhalb von einzelnen Organisationen bei und ermöglicht so neue Anwendungs- und Geschäftsfelder.

Ein Beispiel für den organisationsübergreifenden Austausch ist die unternehmensübergreifende Branchenvereinigungen Catena-X Automotive Network. Im Business Partner Data Management können harmonisierte Geschäftspartner-Datensätze aus unterschiedlichen Quellen als sogenannte Golden Records sicher identifiziert und allen Mitgliedern verfügbar gemacht werden. Die Voraussetzung für den Austausch und eine gemeinsame Nutzung ist die Standardisierung der entsprechenden Daten, das heißt also sicherzustellen, dass alle dieselbe Information aus bestimmten Daten ziehen und ein einheitlicher Umfang von Datensätzen definiert wird.

Data Literacy

Dafür wiederum ist die „Data Literacy“, zu Deutsch Datenkompetenz, der Datenkonsumenten eine Voraussetzung. Sie beschreibt vereinfacht gesagt die Fähigkeit, Daten richtig zu interpretieren und sollte strukturell gefördert werden, um neben der Anwendungskompetenz auch die richtige Deutung von Daten sicherzustellen und die Analysefähigkeiten der Datenkonsumenten zu gewährleisten. Mehr in diesen Artikeln über Datenkompetenz als Konzept und die verschiedenen Datenkompetenzniveaus.

Data Catalog

Benötigt wird Datenkompetenz auch für den Self-Service Ansatz, der IT-Fachkräfte entlasten soll und die Datenverantwortung an die End User, also diejenigen, die die Daten erstellen, abrufen und nutzen, überträgt. Wichtig hierfür ist der Einsatz eines Data Catalog Tools, um den operativen Geschäftsbereichen benötigte Daten direkt übersichtlich darzustellen und leicht zugänglich zu machen.

Self-Service Analytics

Self-Service Analytics-Werkzeuge bauen auf dem Data-Self-Service-Ansatz auf. Sie befähigen nicht-technische End-User dazu, selbst auf Daten aus den verschiedenen Systemen oder Geschäftsbereichen zuzugreifen, Abfragen durchzuführen und Berichte zu erstellen, auf deren Grundlage sie effektive Geschäftsentscheidungen treffen können. Dezentrale Analyseaufgaben, die im operativen Entscheidungsprozess der einzelnen Geschäftsbereiche getätigt und verarbeitet werden, sind beispielsweise Einkaufsentscheidungen.

Dieses Konzept entlastet im Arbeitsalltag die Daten-/ Analyseexperten, die keine Analyseanfragen mehr bearbeiten müssen, und erhöht die Entscheidungsgeschwindigkeit und -qualität durch gesicherte Aktualität der Analyseergebnisse, Übertragungsfehlerfreiheit und eindeutige Zieldefinitionen.

Wie Unternehmen ihr MDM-Potential jetzt voll ausschöpfen

Es zeigt sich, dass MDM ein höchst notwendiges Rahmenwerk zur Beherrschung der steigenden Datenmenge und -komplexität ist, das allerdings der fortwährenden Aufmerksamkeit auf operative Pflege und der strategischen Weiterentwicklung bedarf.

Neben der Automatisierung, die sicherlich noch einige Zeit ein Fokusthema bleibt, sehen wir, dass neuere Entwicklungen wie Cloud-basierte Services oder Self-Service-Ansätze konkrete Möglichkeiten und Vorteile bieten. Sie können die individuellen Gegebenheiten Bedarfe und Möglichkeiten einzelner Unternehmen noch besser berücksichtigen als bisher. Potenziell werden Ressourcen und Kapazitäten geschont, Kosten verringert und für eine weitere Steigerung der Benutzerfreundlichkeit, der Datenqualität und somit der Nutzbarkeit der Daten gesorgt.

Die hier aufgezeigten Entwicklungen sind Indikatoren, in welche Richtungen sich MDM in den nächsten Jahren weiterentwickeln und so zu den nächsten Standardlösungen werden könnten.

So sollten Unternehmen bereits jetzt die Weichen für ihr zukünftiges MDM-System stellen, um neuen Anforderungen zu begegnen und Potenziale frühzeitig heben zu können. Dabei hilft im ersten Schritt eine Überprüfung, in welchem MDM-Reifegrad sich das eigene Unternehmen aktuell befindet. Darauf aufbauend lassen sich Handlungsoptionen ableiten, um den nächsten Schritt in Richtung MDM-Zukunft zu gehen.

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