Wie eine parametergesteuerte Wertschöpfungskette Transparenz, Fluss und Planungsqualität unterstützt

Im vorherigen Artikel haben wir die Vorteile einer parametergesteuerten Wertschöpfungskette vorgestellt. Im dritten Teil unserer Serie werden wir diese  anhand von vier Bereichen genauer erläutern. Insbesondere werden wir zeigen, wie eine parametergesteuerte Wertschöpfungskette Transparenz ermöglicht, Fluss erzeugt, den Peitscheneffekt abschwächt und dazu beiträgt, den Planungsaufwand zu reduzieren, während gleichzeitig die Planungsqualität verbessert wird.

Im Detail: Wie die parametergesteuerte Planung funktioniert

1.      Transparenz verbessern: Verwenden Sie Parameter, um die Wertschöpfungskette zu verknüpfen und die Rückverfolgbarkeit und E2E-Sichtbarkeit zu fördern

Ein parametergesteuerter Ansatz treibt die Standardisierung voran, die wiederum eine kontinuierliche Verbesserung ermöglicht

Ein parametergesteuerter Ansatz ist eine entscheidende Voraussetzung für eine Ende-zu-Ende (E2E)-Sicht auf die Wertschöpfungskette und für die E2E-Planung. Parameter, die verschiedenen Stufen und Ebenen verknüpfen, machen Auswirkung von Änderungen nachvollziehbarer, sogar innerhalb eines komplexen Netzwerks. Ohne verbindende Parameter ist es kaum möglich, Prozesse über verschiedene Geschäftsbereiche oder Regionen hinweg handhabbar und vergleichbar zu halten. Daneben ist die Parametrisierung zusammen mit standardisierten Definitionen und Regeln grundlegend für eine kontinuierliche Verbesserung. Eine starke Standardisierung ist Voraussetzung für strukturelle Verbesserungen und folgt den Erkenntnissen aus Lean Production und Total Quality Management (TQM).

Ein parametergesteuerter Ansatz unterstützt die Quantifizierung von Wirkzusammenhängen, was die Entscheidungsfindung verbessert

Für eine E2E-Sicht auf die Wertschöpfungskette ist die Quantifizierbarkeit von stufenübergreifenden Zusammenhängen entscheidend. Diese Zusammenhänge und die darauf aufbauenden Modelle bilden die Grundlage für die Verknüpfung zwischen den Stufen der Wertschöpfungskette. Informationen und Signale von anderen Ebenen, beispielsweise bei Bedarfsaktualisierungen in Echtzeit oder Änderungen der Losgrößen, sind Auslöser für eine autonome und agile Anpassung der Wertschöpfungskette. Bereits das Bewusstsein, dass diese Beziehungen existieren, ist wertvoll und führt zu weniger selbstverschuldeter Variabilität. Quantifizierung und Rückverfolgbarkeit verstärken den positiven Effekt. Wenn etwa ein Ziel darin besteht, den Lagerbestand niedrig zu halten, dies jedoch zu kostspieligen Lieferbeschleunigungen führt, könnte die E2E-Sicht einen negativen Gesamteffekt aufdecken. Ein weiteres Beispiel ist die Identifizierung der Schwachstellen in der Kette und die Verbesserung der Reaktion auf Nachfrage- und Angebotsschocks während der COVID-19-Pandemie. Eine gute Datengrundlage und ein gründliches Verständnis der Ursache-Wirkung-Beziehungen in der Wertschöpfungskette ermöglichen bessere Entscheidungen und sinnvolle Abwägungen.

2.      Fluss herstellen: Komplexität verringern, um Stabilität zu erhöhen

Der Entkopplungsaspekt in DDMRP zeigt auf, wie sich eine reduzierte Komplexität direkt auszahlt. Indem Verknüpfungsparametern festgelegt werden, wird nicht nur eine einfachere Steuerung möglich, sondern auch das Entkoppeln, also das Auftrennen der Kette in kleinere Segmente – ohne dass die Kette dabei auseinanderfällt. Insbesondere führt die Entkopplung zu kürzeren Vorlaufzeiten innerhalb der entkoppelten Segmente, macht Vorlaufzeiten zuverlässiger und reduziert den Peitscheneffekt. Die Kette wird aufgrund der entkoppelten Segmente weniger anfällig für Verzögerungen, weil diese sich nicht durch die gesamte Kette aufschaukeln. Parametergesteuerte Puffer zwischen den Stufen der Wertschöpfungskette beseitigen außerdem die berüchtigte, in MRP-Umgebungen auftretende Systemnervosität. Der Grund für diese Stabilisierung: Variabilität und Nervosität werden an den Grenzen entkoppelter Kettensegmente unterbrochen.

In ähnlicher Weise definieren und bestimmen auch Lean Production und Theory of Constraints (ToC) Puffer, damit die Vorlaufzeiten stabil bleiben. So sorgt die parametergesteuerte Planung dafür, dass die selbstgeschaffene Komplexität in einer Wertschöpfungskette überwunden und durch eine konsistentere, vorhersehbarere und zuverlässigere Planung ersetzt werden kann.

3.      Bestände beherrschen und den Peitscheneffekt reduzieren: Machen Sie sich weniger abhängig von Prognosen und legen Sie Bestände auf integrierte Weise fest

Ein parametergesteuerter Ansatz verringert die Abhängigkeit von Prognosen und schwächt so den Peitscheneffekt ab

In einer parametergesteuerten Wertschöpfungskette haben Parameter die Funktion, Zeithorizonte wie Planung und Ausführung miteinander zu verknüpfen. Daher müssen keine Pläne mehr verwendet werden, um Zeithorizonte zu verknüpfen. Stattdessen können Sie Prognosen verwenden, um Ihre Wertschöpfungskette mit Hilfe von Parametern zu gestalten. Die Ausführung geschieht dann gegen den tatsächlichen Bedarf. DDMRP behandelt Prognosen und den tatsächlichen Bedarf genau auf diese Weise. Daher sind die Auswirkungen fehleranfälliger Prognosen begrenzt. Dies erfordert natürlich eine gewisse Flexibilität, um Schwankungen abfedern zu können. Eine Möglichkeit, um diese Flexibilität herzustellen, besteht darin, strategisch platzierte Entkopplungsbestände einzurichten.

Ein parametergesteuerter Ansatz ermöglicht die E2E-Bestandskontrolle

Um Bestände zu beherrschen, muss die gesamte End-to-End-Wertschöpfungskette berücksichtigt werden, nicht nur einzelne Lagerpunkte. Heutzutage ist wird schnell behauptet, man handele  E2E-orientiert, da die Wichtigkeit offenkundig ist. Natürlich stecken dahinter oft die richtigen Absichten, doch die Realität ist häufig eine andere. Wenn man mal von der Berücksichtigung von E2E-Prozessen absieht, fehlen meist ein übergeordneter Rahmen  sowie Methoden zur Ausgestaltung des E2E-Gedankens.

Obwohl Kanban ein parametrisierter Pull-Ansatz ist, fehlt hier der E2E-Aspekt größtenteils. Es ist schwierig, eine systematische Regel zu definieren, um zu entscheiden, wie viele Kanban-Karten in der gesamten Kette eingesetzt werden sollen und wie auf Nachfrageänderungen reagiert werden soll. Daher ist Kanban in der Regel auf bestimmte Segmente der Wertschöpfungskette beschränkt, was seine Anwendung häufig auf einzelne Produktionsbereiche oder auf die Verknüpfung einzelner Bereiche beschränkt.

Das DDMRP-Konzept geht über die Dimensionierung von Puffern hinaus. Stattdessen wird die Wertschöpfungskette als Ganzes betrachtet, entkoppelt, aber verknüpft durch konsistente Parameter. Wenn die Nachfragesituation eine Priorisierung von Produktionsentscheidungen erfordert, muss das Puffermanagement direkt mit den Produktionsprioritäten abgeglichen werden. Zu diesem Zweck gibt ein Pufferstatus an, welche Produkte die höchste Nachschubpriorität haben. Diese Information wird direkt an die Produktionsplanung gesendet. Somit beziehen sich der Pufferstatus und die Produktionsprioritäten aufeinander, ohne dass eine manuelle Abstimmung und zahlreiche Klärungsmeetings erforderlich sind.

In ToC sind Puffer- und Kapazitätsplanung ebenfalls eng miteinander verbunden. Der Produktionsplan am Engpass folgt dem Lagerbestand und den Prioritäten der Fertigwaren – gemäß ToC basierend auf dem Deckungsbeitrag pro Engpassminute.

4.      Arbeitsprozesse rationalisieren: Nutzen Sie Standardisierung und Spezialisierung, um mit weniger Aufwand höhere Qualität zu erzielen

Ein parametergesteuerter Ansatz führt zu standardisierten Abläufen, die wiederum erhöhte Automatisierung und kontinuierlicher Verbesserung vorantreiben

Ein wesentlicher Vorteil eines parametergesteuerten Ansatzes besteht, wie bereits erwähnt,  im Potenzial einer Standardisierung durch die Parametrisierung. Die traditionelle Planung stützt sich auf die Abstimmung vieler Einzelpläne über Stufen der Wertschöpfungskette, Zeithorizonte und heterogene Stakeholder hinweg. Im Gegensatz dazu bedeutet ein parametergesteuerter Ansatz die Verschiebung hin zu einer klaren, faktenbasierten Verknüpfung der Wertschöpfungskettenmechanik. Sie bildet die Grundlage für die Standardisierung der Planung und der damit verbundenen Ausführungsaktivitäten.

Auf diese Weise wird die spontane Entscheidungsfindung, die auf  individuellem Wissen und nicht beschriebenen Methoden fußt, durch Standardverfahren ersetzt. Beispielsweise können standardisierte Pufferberechnungsverfahren wie in DDMRP-, Lean Production-/Kanban- und Bestellpunkt-Systemen automatisiert werden.

Ein parametergesteuerter Ansatz führt zu weniger Komplexität und ermöglicht Spezialisierung, wodurch der Planungs- und Ausführungsaufwand reduziert wird

Eine Standardisierung ist auch eine Vereinfachung: Die Parameter folgen in der gesamten Kette denselben Regeln, wodurch der Abstimmungsaufwand tendenziell verringert wird. Je nachdem, wie ausgereift und anspruchsvoll die Parametrisierung ist, kann die Parameterauswahl mithilfe von Schwellenwerten und Clustern stark eingeschränkt werden. Dadurch ist es unnötig, jedes einzelne Produkt bzw. jeden einzelnen Standort einzeln zu parametrisieren. Diese Formalisierung führt zu einer Verringerung der Dimensionen, wenn Alternativen diskutiert werden. Da die Feinabstimmung komplexer und detaillierter Pläne nun nicht mehr vorgesehen ist, erscheinen auf den ersten Blick die Handlungsmöglichkeiten und die Flexibilität eingeschränkt. Unsere Erfahrung legt jedoch einen anderen Schluss nahe. Es hat sich gezeigt, dass die Reduzierung der Planungskomplexität diesen Nachteil nicht nur aufwiegt, sondern überkompensiert.  Eine geringere Planungskomplexität erleichtert die Steuerung der Wertschöpfungskette, was zu weniger Planungsaufwand führt. Dies schließt schnellere und einfachere Abstimmungen ein, zum Beispiel über Funktionsgrenzen hinweg und mit dem Top-Management. Außerdem ermöglicht die verringerte  Komplexität die Trennung von Planung und Ausführung, da die inhärente Komplexität, die die Bündelung dieser Aktivitäten in einer Zuständigkeit erfordert, kein wesentlicher Faktor mehr ist. Stattdessen bieten getre Planung und Ausführung alle Vorteile, die eine Jobspezialisierung mit sich bringt. Darüber hinaus wird durch die geringere Komplexität und Spezialisierung weniger Zeit für die Schulung von Mitarbeitern benötigt. Dies trägt zur strukturellen Flexibilität in der Planung bei.

Fazit

In diesem Artikel haben wir erläutert, wie eine parametergesteuerte Wertschöpfungskette funktioniert und auf welche Weise sie signifikante Vorteile bringt. Insbesondere haben wir beschrieben, wie sie die Transparenz verbessert, wie sie Fluss ermöglicht und wie sie zur besseren Bestandssteuerung beiträgt. Außerdem haben wir aufgezeigt, auf welche Weise die parametergesteuerte Wertschöpfungskette den Peitscheneffekt reduziert und wie sie die Verringerung des Planungs- und Ausführungsaufwands unterstützt.

Im nächsten Artikel werden wir diese Reihe abschließen. Wir geben Tipps, was Sie tun müssen, um all die genannten Vorteile für sich zu nutzen.

Mehr Artikel aus dieser Serie:

Die parametergesteuerte Wertschöpfungskette, Teil I
Die parametergesteuerte Wertschöpfungskette, Teil II
Die parametergesteuerte Wertschöpfungskette, Teil IV

Wir möchten Sebastian Hild für seinen wertvollen Beitrag zu diesem Artikel danken.

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