Wie ein parametergesteuerter Ansatz zur Planung der Wertschöpfungskette dabei hilft, das Planungsrätsel zu lösen

Während die vollständig autonome, durch künstliche Intelligenz (KI) getriebene Wertschöpfungskette eine vielversprechende Vision bleibt, glauben wir, dass ein parametergesteuerter Ansatz zur Planung der Wertschöpfungskette ein gangbarer und wichtiger Schritt in diese Richtung ist. Darüber hinaus ist eine parametergesteuerte Wertschöpfungskette ein wichtiger Schritt zur Bewältigung der heutigen Planungsherausforderungen und führt zu robusteren und widerstandsfähigeren Lieferketten. Dies ist für die Bewältigung globaler Herausforderungen wie COVID-19 von entscheidender Bedeutung. In einer Serie von vier Artikeln werden wir untersuchen, wie parametergesteuerte Wertschöpfungsketten funktionieren, welchen Nutzen sie bringen und was dies für das Management der Wertschöpfungskette Ihres Unternehmens bedeutet.

In diesem ersten Artikel werden wir erklären, warum eine parametergesteuerte Wertschöpfungskette relevant und wichtig ist.

Das Management von Wertschöpfungsketten wird immer schwieriger

Wie die CAMELOT-Partner Thomas Ebel und Christian Kroschl in ihrem Blog-Artikel „Calling for a new value chain model“ beschreiben, zwingt das zunehmend volatile und unsichere externe Umfeld Unternehmen dazu, ihre Wertschöpfungskettenmodelle grundlegend zu überdenken. Neue Planungsansätze sind eine der zentralen Säulen zukünftiger Value-Chain-Modelle. Ebenso stellt der  Übergang zu neuen Planungsansätzen einen wesentlichen Eckpfeiler dar, um eine größere Belastbarkeit der Wertschöpfungskette zu erreichen. Der Artikel “Die Rückkehr des Supply Chain Risk Management” von Thomas Ebel und Dr. Iris Heckmann gibt eine Einführung, wie die Widerstandsfähigkeit in der aktuellen COVID-19-Situation und darüber hinaus erhöht werden kann.

Angesichts der heutigen VUCA-Welt und immer komplexeren Wertschöpfungsketten ist die Planung der Value Chain zu einer echten Herausforderung geworden. Dabei ist das tägliche Feuerlöschen zur Realität geworden. Die Produktvielfalt ist in den letzten Jahrzehnten rapide gewachsen. Markt- und Liefermöglichkeiten sowie der Kostendruck haben enorm zugenommen. Die Produkte selbst und ihre Herstellung sind komplexer geworden, und immer kurzfristigere  Veränderungen tragen weiter zu steigender Variabilität und Unsicherheit bei.

Mehrere zusätzliche Trends verstärken diese Herausforderungen, z. B. umfangreichere, stärker globalisierte Wertschöpfungsketten, zunehmende globale Risiken wie Handelskriege, Naturkatastrophen und Pandemien sowie ein ständiges Effizienzstreben in der Value Chain. Das Ringen um die besten Nachwuchskräfte, die die Value Chains des digitalen Zeitalters steuern und leiten sollen, verstärkt die Herausforderung zusätzlich.

Auf die Herausforderungen reagieren: der Weg zum Erfolg

Schlicht zusätzliche Ressourcen zur Planungsfunktion führen oft nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen, da Planungsprozesse von implizitem Erfahrungswissen und manuellen Anpassungen abhängen. Warum? Die sorgfältig entworfenen Pläne, die sich über Wertschöpfungsstufen und Zeithorizonte erstrecken, sind bekanntlich im Moment ihrer Erstellung veraltet. Jeder weiß, dass ein gesundes Maß an Misstrauen gegenüber diesen Plänen notwendig ist und dass es eines fachkundigen Planers bedarf, um sie zu interpretieren, anzupassen und insgesamt das Richtige zu tun.

Nichtsdestoweniger werden beträchtliche Summen für komplexe Planungssysteme ausgegeben, die voll integrierte Pläne versprechen, indem sie noch mehr Details hinzufügen. „Je mehr, desto besser“, so die Überlegung. Erfahrene Planer haben die Einführung vieler solcher Systeme gesehen, genau wie deren langsamen Niedergang. Dementsprechend gibt es noch immer ein enormes ungenutztes Potenzial für Produktivitäts- sowie signifikante Qualitätsverbesserungen, die beide direkt zum Unternehmenswert beitragen.

Aber wie kann man das erreichen? Wir glauben, dass zwei mögliche Wege vor uns liegen: Der erste umfasst tiefgreifende KI-Ansätze, die auf (klassischer) hierarchischer Planung basieren. Die Innovation liegt in der Anwendung von Optimierung und Agenten, die die Handlungen von Generationen an Planern nachahmen. Aufgabe der KI wird es sein, den menschlichen Planer stark zu unterstützen. Den zweiten möglichen Weg, der vor uns liegt, bezeichnen wir als intelligente parametergesteuerte Planung. Im nächsten Abschnitt erläutern wir, warum wir diesen Ansatz bevorzugen.

Parametergesteuerte Betriebsmodelle verbinden die Wertschöpfungskette mit Parametern, nicht mit Plänen

In einem intelligenten parametergesteuerten Planungsansatz verbinden Parameter alle Planungsschritte entlang der Wertschöpfungskette sowie über Zeithorizonte hinweg. Relevante  Parameter sind beispielsweise Vorlaufzeiten, Pufferstände und Auftragspriorität. Diese Parameter dienen auch als Grundlage für die Leistungsüberwachung.

Durch die Verwendung von Parametern wird die Konfiguration der Wertschöpfungskette formalisiert, explizit gemacht und die Konsistenz über alle Planungsphasen und -horizonte hinweg sichergestellt, anstatt die Pläne ständig zu ändern, um die Wertschöpfungskette zu verknüpfen. Dementsprechend können z. B. Puffer mit Hilfe von harmonisierten Regeln auf der Grundlage von Parametern wie tatsächlicher Nachfrage, Variabilität und Mindestbestellmengen automatisch und konsistent über die gesamte Kette hinweg bestimmt werden. Zusätzlich können Simulationen die Auswirkungen von Parameteränderungen im Voraus aufzeigen, ohne dass komplexe Pläne erstellt werden müssen.

Daneben ist ein Abgleich einer untergeordneten Entscheidung mit der oberen Ebene des Plans nur dann erforderlich, wenn die untergeordnete Entscheidung die zulässigen Grenzen verlässt. Wenn z. B. auf der taktischen Ebene ein Zielbereich für Bestandspuffer definiert wird, der auf der erwarteten Nachfrage und Kapazitätsprognosen basiert, dann können die Bestandsentscheidungen der operativen Ebene innerhalb dieses Bereichs frei konfiguriert werden.

Das Ergebnis: Die einzelnen Teile der Wertschöpfungskette können wie selbstregulierende Regelkreise eigenständig innerhalb festgelegter Grenzen der Parametrisierung arbeiten. Von Ausnahmesituationen abgesehen sind die Stufen und Horizonte synchronisiert, ohne dass die Pläne ständig angepasst werden müssen. Klare Vorgaben regeln die Bestimmung der Parameter, die die Stufen miteinander verbinden.

Parametergesteuerte Ansätze gibt es schon seit geraumer Zeit – nun auch für die Lieferkette

Es gibt bereits mehrere Ansätze, die einer parametergesteuerten Idee folgen oder diese beinhalten. So beinhaltet Lean Production eine Vielzahl von Maßnahmen für eine effiziente Wertschöpfungskette, darunter Kanban als parametergesteuertes Pull-Replenishment-Konzept. Auch die Theory of Constraints (ToC) beinhaltet viele parametergesteuerte Aspekte, wie z. B. das Drum-Buffer-Rope-Prinzip, einschließlich seines Bottleneck-Rate-Konzepts (Trommel) – im Lean als Taktzeit bezeichnet. Der neueste Ansatz, die DDMRP), kombiniert die Vorteile seiner Vorgänger und verwendet Parameter, um ein Netzwerk von verbundenen Lagerpuffern zu konfigurieren und die End-to-End-Synchronisierung der Wertschöpfungskette voranzutreiben. Markus Kuhl behandelt den Nutzen des parametergesteuerten Wertschöpfungskettenansatzes zu DDMRP im CAMELOT DDMRP-Grundlagenartikel „Warum es jetzt an der Zeit ist, die Lieferkettenplanung zu verändern“.

Fazit

Wir sind davon überzeugt, dass eine parametergesteuerte Wertschöpfungskette der Weg in die Zukunft ist, der viel besser funktioniert als eine traditionelle, auf hierarchische Planung ausgerichtete Wertschöpfungskette – sei es mit oder ohne die neuesten technologischen Verbesserungen wie AI (Artificial Intelligence) oder Machine Learning (ML). Unsere tiefe Überzeugung liegt darin begründet, dass die Verknüpfung der Wertschöpfungskette über Stufen und Zeithorizonte hinweg viele Vorteile gegenüber der Bewältigung einer Fülle von Einzelplänen hat.

In den kommenden Artikeln werden wir im Detail erläutern, warum und wie eine parametergesteuerte Wertschöpfungskette funktioniert und welche Art von Vorteilen Sie erwarten können. Bleiben Sie also dran!

Wir möchten Sebastian Hild für seinen wertvollen Beitrag zu diesem Artikel danken.

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