Insbesondere im Bereich der Fein- und Spezialchemikalien stoßen wir im Rahmen unserer Projekte immer noch auf Speziallösungen für die Logistik der letzten Meile, die von unseren Kunden selbst betrieben werden.

In einem aktuellen Beispiel wurde die Distribution in Deutschland über ein Netzwerk mehrerer Logistikhubs in ganz Deutschland organisiert, die Eigentum unseres Kunden waren und von diesem betrieben wurden. Jeder Standort verwaltet eine lokale Zustellflotte, wobei die Fahrzeuge und Fahrer teils von örtlichen Dienstleistern gestellt werden und teils zur eigenen Flotte gehören. Hohe Anforderungen an die Durchlaufzeiten in der Auftragsabwicklung machten dieses Modell teuer.

Um das Szenario noch anspruchsvoller zu machen, beobachten wir einen anhaltenden Trend hin zu einer höheren Lieferfrequenz bei konstanter Gesamtliefermenge, was kleinere Sendungsgrößen zur Folge hat. Dies erhöht die Kosten pro Sendung auf der „letzten Meile“ (letztes Wegstück beim Transport der Ware zum Kunden) und bei der Kommissionierung über „Pick and Pack“ im Lager erheblich. Hinzu kommt noch der allgemeine Anstieg der Transportpreise aufgrund von Engpässen auf der Fahrer- und Ressourcenseite, wodurch eine effiziente Zustellung immer komplexer wird. Effizienz kann in diesem Umfeld nur durch einen hohen Grad an Professionalität erreicht werden. Moderne IT-Systeme sind hierfür eine zentrale Voraussetzung, doch genau an dieser Stelle sehen wir bei Chemieunternehmen Nachholbedarf. Im erwähnten Projektbeispiel wurden die Kunden über täglich wiederkehrende Touren mit festen Gebieten beliefert. Diese Tourengebiete waren historisch gewachsen und wurden von jedem Logistikhub lokal geplant, oft mithilfe von gedruckten Karten und Stecknadeln. Eine Analyse der Daten vergangener Sendungen ergab erhebliche Abweichungen bei der Tourenauslastung – sowohl zwischen den verschiedenen Tourengebieten als auch zwischen den Wochentagen. Unterauslastung führt zu ineffizienten Touren, wogegen eine übermäßig hohe Auslastung verpasste Lieferfristen und unzufriedene Kunden zur Folge hat

Angesichts dieser Einschränkungen wird es immer schwieriger, mit hoch spezialisierten Dienstleistern und Distributoren Schritt zu halten. In der jüngeren Vergangenheit haben wir einen starken Konsolidierungstrend unter Distributoren und Großhändlern beobachtet, der von Private Equity angetrieben wurde. Dies sorgt für netzwerkbezogene Synergien mit der Möglichkeit, mehr Zustellhubs effizient zu betreiben und somit die Entfernung zu reduzieren, die auf der letzten Meile zurückgelegt werden muss. Andererseits investieren diese Unternehmen derzeit beträchtlich in Prozesse und spezialisierte IT-Lösungen. Um beim oben genannten Beispiel zu bleiben: Ihre leistungsfähigen Transportmanagement-Lösungen bieten Systemunterstützung für die Planung taktischer Tourengebiete oder sogar die dynamische Routenplanung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Auslastung.

Optimierte Sichtbarkeit durch die Nutzung der überlegenen Systeme von Dienstleistern

Kundennähe und eine bessere Steuerung werden oft als wichtige Argumente für ein eigenes System angeführt, wenn man mit hohen (kurzen) Durchlaufzeit-Anforderungen und einem äußerst empfindlichen Kundenstamm/Geschäft zu tun hat. Dieses konkrete Beispiel zeigte jedoch, dass die Vorteile nicht so groß waren, wie sie wahrgenommen wurden.

Aufgrund fehlender Logistikdaten im lokalen TMS-/WMS-System verfügte das Kundendienstteam über keine Informationen zur Lieferqualität und -zuverlässigkeit auf Kundenebene. Folglich war es nicht möglich, die Kundenzufriedenheit mit der Qualität der Logistikdienstleistung nachzuverfolgen, was es wiederum erschwerte, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und tatsächlich die Kontrolle zu übernehmen. Unzufriedene Kunden, die ihre Beschwerden nicht äußern, könnten sich still und leise einen anderen Anbieter suchen oder – in einem noch gefährlicheren Szenario – sogar beginnen, negative Mundpropaganda zu betreiben.

Darüber hinaus standen gewisse Informationen wie Lagerbestände nur in lokalen Systemen zur Verfügung. Im Fall von Lieferrückständen müssen Informationen über die Lagerbestände mühevoll telefonisch von nahe gelegenen Distributionszentren angefordert werden, um Notfalllieferungen zu organisieren.

Ein Ansatz, um dem Kundendienst das Treffen von Gegenmaßnahmen zu ermöglichen, findet sich in den modernen Transportmanagement-Lösungen von Großhändlern und Distributoren. Hier wird eine verbesserte Sichtbarkeit geboten, die über die bestehenden Möglichkeiten in firmeneigenen Systemen hinausgeht. Standardisierte Berichte auf der Basis elektronischer Zustellnachweise (ePOD) zeichnen ein deutliches Bild der eigentlichen Lieferqualität. So können systematisch verspätete Lieferungen an bestimmte Kunden erkannt und Korrekturmaßnahmen ergriffen werden. Darüber hinaus können Dienstleister mittels Live-Koordinaten und aktuellen Verkehrsinformationen zuverlässig eine voraussichtliche Ankunftszeit vorhersagen. Auf diese Weise kann der Kundendienst die Kunden im Voraus über kritische Verspätungen informieren.

Sofern die Anforderungen klar definiert und die richtigen Kommunikationskanäle eingerichtet werden, kann die Beteiligung von Dienstleistern die Kundennähe sogar verbessern.

Neuer Trend hin zu 4PL-Dienstleistern

Aktuell lässt sich ein Trend in Richtung Outsourcing von Transportmanagement-Dienstleistungen beobachten. Vor ein paar Jahren waren 4PL-Dienstleister (Fourth Party Logistics) nicht mehr als eine outgesourcte, kundenorientierte Logistikabteilung. Heutzutage bieten 4PL-Dienstleister moderne Transportmanagement-Systeme (TMS) für eine Vielzahl von Kunden in Verbindung mit Know-how im Bereich Prozessexzellenz, was ein höheres Professionalitätsniveau ermöglicht. Folglich wirken sich die Control-Tower-Dienstleistungen nicht nur vorteilhaft auf die Personalkosten aus, sondern sorgen nun über Automatisierung und Shared Services auch für eine erhebliche Effizienzsteigerung. Aufgrund der optimierten Planungsfunktionen ihres TMS können Transportpartnernetzwerke effizienter eingesetzt werden, was geringere Kosten und ein höheres Serviceniveau zur Folge hat.

Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt für Chemieunternehmen, über das ideale Maß an Outsourcing nachzudenken, ihr eigenes Logistikmanagement-Modell kritisch zu hinterfragen und sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Inhouse-IT-Plattform oder eine gut etablierte IT-Lösung eines 4PL-Dienstleisters bevorzugt werden sollte. CAMELOT und Prof. Dr. Kille von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt haben gemeinsam einen Leitfaden entwickelt, der im Bereich der Chemielogistik bei „Make or Buy“-Entscheidungen (Eigenfertigung oder Fremdbezug) Orientierung bieten kann.

Wer kann Ihnen helfen, Ihr Potenzial zu ermitteln?

Die Auswahl der besten Lösung – die alle Compliance-Anforderungen erfüllen, die meisten Synergien bieten und eine nachhaltige Geschäftsentwicklung ermöglichen sollte – ist schwierig und lenkt Sie von Ihren Kerntätigkeiten ab. Bei CAMELOT Management Consultants profitieren Sie von jahrzehntelanger Erfahrung in Logistik und Lieferkettenmanagement, fundierten Kenntnissen in zahlreichen Branchen, IT-Lösungen und hochgradig anpassbaren Methoden.

Wir danken Sebastian Scherer  für seinen Beitrag zu diesem Artikel.

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